Die Kirche
Historie
Bereits im 9. Jahrhundert wurde Paffendorf, am linken Erftufer gelegen, erwähnt. Paffendorf bildete einen Puffer zwischen den Spannungsbereichen Jülich und Köln.
Über viele Jahrhunderte gehörten die Ländereien in und um Paffendorf dem adeligen Reichsstift in Essen. Im Laufe des 8. Jahrhunderts wurde das Erftland weitestgehend christianisiert und die Kirchen wurden errichtet. Die zeitliche Gründung ist meistens von den Namenspatronen her erkennbar. So auch die Paffendorfer Kirche.
Bestimmend für den Verlauf der Geschichte der Region war ein Sieg Arnulfs von Kärnten über die Normannen in Leuwen (Belgien), im Jahre 891.
Dieser Sieg brachte ihm den Ruf als starken und guten Streiter ein. Diese Eigenschaft machte sich Papst Formosus zu eigen, als er bei Arnulf um Hilfe ersuchte, das besetzte Rom zu befreien.
Über diese Befreiung Roms gibt es nun zwei Überlieferungen.
Einen echten Sturm der Krieger Arnulfs, die im Jahre 894 die Alpen überquerten, soll es nie gegeben haben, denn er hielt in der Pankratiuskirche zu Rom Rat, während seine Krieger mit den auf der Stadtmauer sitzenden Feinden plauderten. Diese Plauderei soll zur Öffnung der Tore geführt haben.
Eine andere Überlieferung besagt, dass die Befreiung Roms im Jahre 896, am Tag des Hl. Pankratius, gelang. Zum Dank und zur steten Erinnerung, ließ Zwentibold, der Sohn Arnulfs, mehrere Kirchen zu Ehren des Hl. Pankratius erbauen. Unsere Pfarrkirche trägt den Namen des Hl. Pankratius. Somit kann man die Grundsteinlegung ins Jahr 896 oder kurz danach datieren.
Im Jahre 898 machte König Zwentibold, wohl auf Veranlassung seines Schwiegervaters, dem sächsischen Herzog Otto, dem Essener Stift eine königliche Schenkung. Das Essener Stift wurde deshalb ausgewählt, da dort Zwentibolds Frau ihre Ausbildung erfahren hat. Zur Schenkung gehörten vier Ober- oder Herrenhöfe und eine Reihe von Gütern in verschiedenen Gauen des lothringischen Reiches. Die Ortschaften Glesch und Paffendorf wurden wenig später ebenfalls als Besitztümer des Essener Stiftes erwähnt, dies könnte durch einen Tausch zwischen den Trierer Mönchen und den adeligen Damen des Stiftes herrühren. Die Paffendorfer Kirche wurde im Jahre 1224 inkorporiert (einverleibt). Um die Mitte des 16. Jahrhunderts verloren die Damen des Essener Stiftes in einem Streit mit dem Herzog von Jülich die Rechte, Ämter zu verleihen. Die Baupflicht für das Kirchenschiff und den Chor durch das Reichsstift ist aus dem Jahr 1664 bezeugt.
Der Essener Stift war noch bis zur Franzosenzeit für die Baupflicht, Kircheninstandhaltung und Unterhaltung der ewigen Lampe verantwortlich.
Diese Tatsachen lassen den Schluß zu, daß der Hl. Pankratius schon seit nunmehr 1100 Jahren in Paffendorf verehrt wird.
Die Baugeschichte der Pfarrkirche
Die meisten Kirchen im Erftland sind romanischen oder noch älteren Ursprungs. Kretschmar behauptet, dass sich die heutige Pfarrkirche aus einer romanischen Hofkapelle, die in Verbindung mit einem klösterlichen Tafelgut gestanden hatte, entwickelt hat. Der Unterbau des heutigen Turmes wird in das 11. Jahrhundert datiert und ist vielleicht der Westteil einer älteren Saalkirche. In der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts hat man dem Turm drei Geschosse aus Tuffstein aufgesetzt. Im 15. Jahrhundert wurde die romanische Saalkirche durch einen dreischiffigen gotischen Neubau ersetzt, der 1502 fertiggestellt wurde.
Bereits am 6. Juni 1493 weihte Weihbischof Johann Spender aus Marburg den neuen Hochaltar. Am 16. Oktober 1746 wurden große Teile Paffendorfs, ebenso die Kirche, durch ein Großfeuer zerstört. Das Langhaus wurde bereits 1747, der Turm aber erst 1762 wiederhergestellt.
Dem Kölner Baumeister August Lange wurde im vorigen Jahrhundert eine umfassende Renovierung und Umgestaltung der Kirche übertragen. Diese Arbeiten bezogen sich auch auf das Schloss Paffendorf. Zuvor hatte der Baumeister schon mehrere Burgen des Erftlandes neugotisch renoviert. Im März 1869 legte Lange dem damaligen Kirchenvorstand einen Plan zur Umgestaltung der Kirche und des Turmes vor. Der Turm hatte nach dem Brand im 18. Jahrhundert eine barocke Gestalt erhalten. Lange schlug eine dem gotischen Stilempfinden entsprechende Form vor, denn das damalige Aussehen passte weder zum frühromanischen Turmsockel noch zum spätgotischen Kirchenschiff. Die barocke Vorhalle wurde in einem romanischen Portalvorbau umgestaltet. Diese Form ist noch heute erhalten.
Durch amerikanischen Panzerbeschuß wurde der Turm der Paffendorfer Kirche im 2. Weltkrieg erneut beschädigt und das Mittelschiff wurde durch ein Rad eines abgestürzten Flugzeuges beschädigt. Innerhalb kürzester Zeit wurde er jedoch wieder im heutigen Zustand errichtet. Die letzte Renovierung der Kirche wurde von Pfarrer Hugo Ophey mit dem damaligen Kirchenvorstand beschlossen und fand von 1975 bis 1977 statt.
Die Glocken
Die 1. Glocke der Paffendorfer Kirche wurde 1532 in Aachen von Johann van Trier gegossen. Sie hat einen Durchmesser von 137 cm und wiegt 1600 kg, Ton d. Die Inschrift in Majuskeln unter dem Akanthusfries lautet:
IHESVS MARIA VOCOR, GLORIA IN ALTISSIMIS DEO ET IN TERRA PAX HOMINIBUS BONE VOLUNTATIS; PER ME JOHANNEM TREVERIS ANNO D(O)M(I)NI M VGXXXII (Jesus Maria heiße ich – Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen guten Willens).
Auf der Glocke sind in Reliefs von 11 x 8 cm eine Halbfigur der Muttergottes und Anbetung der Heiligen drei Könige zu erkennen.
Die 2. bis 4. Glocke wurden in Köln von Martin Legros (aus Malmedy) gegossen.
Die zweite Glocke mit einem Durchmesser von 113 cm ist 930 kg schwer, Ton f. Bei dieser Glocke lautet die Inschrift unter dem Akanthusfries:
PANCRATIVS VOCOR, BENEDICAMVS PATREM ET FILIVM CVM SANCTO SPIRITV (Ich heiße Pankratius. Lasset uns preisen den Vater, Sohn und Hl. Geist). Neben einem Kreutz mit Rankenwerk steht:
LEGROS ME FECIT MDCCXXXXVII (Legros machte mich 1747).
Die dritte Glocke hat einen Durchmesser 95 cm und wiegt 550 kg, Ton a. Unter dem Akanthusfries steht hier:
VRBANUS VOCOR: BENEDICAM(US) D(O)MINVM IN OMNI TEMPORE, SEMPER LAVS EIVS IN ORE MEO (Urbanus heiße ich. Lasset uns preisen den Herren zu jeder Zeit-Sein Lob sei immer in meinem Munde). Auf dem Glockenmantel neben dem Kreuz:
M: LEGROS ME FECIT ANNO MDCCXXXXVII (M. Legros machte mich 1747).
Der Durchmesser der vierten Glocke beträgt 71 cm. Sie wiegt 210 kg, Ton cis. Unter dem Akanthusfries ist zu lesen:
L:I:C: JESUS MARIA JOSEPH VOCOR: CHARITAS FRATERNITAS MANEAT IN VOBIS; HEBR: 13 (Gelobt sei Jesus Christus. Jes. Mar. Jos. Heiße ich. Die brüderliche Liebe bleibt in Euch). Auf dem Glockenmantel neben einem Kreutz steht:
LEGROS ME FECIT ANNO 1747 (Legros machte mich 1747).
Die 5. Glocke steht heute am Nebenaltar. Es ist eine Schelle von 1528. Sie hat einen Durchmesser von 33 cm und wiegt 140 kg, Ton b. Die Inschrift in Minuskeln lautet: maria bit vor uns jhesvm 1528. Am Unterrand ist ein Stück ausgebrochen.
Unsere Glocken blieben während des 2. Weltkrieges vor dem Einschmelzen zu Kriegszwecken durch die Mithilfe mutiger Bürger verschont. Die drei größten wurden aus Hamburg zurücktransportiert und 1948 unter großer Beteiligung der Bevölkerung wieder aufgehängt.
Die Tradition des Beiern´s in Paffendorf
„Sie Schlagen die Glocken hoch oben im Turm,
oftmals bei Kälte, bei Wind und bei Sturm,
Sie beiern hier seit alter Zeit,
Gott zur Ehr und dem Menschen zur Freud.
Das rührt uns zuweilen die Seele an,
lasset uns danken dem Beiermann.“
In der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten, an Fronleichnam und am Tag des Hl. Antonius werden die Glocken von Hand angeschlagen, also gebeiert, obwohl seit 1956 alle Glocken elektrisch betrieben werden können. Beim Beiern wird in Paffendorf zwischen dem kleinen und großen Beiern unterschieden.
Von Paul Schmitz, dem Letzten der das kleine Beiern noch konnte, existieren aus den sechziger Jahren Tonbandaufnahmen. Diese Tonbandaufnahmen haben es ermöglicht, dass das kleine Beiern seit 1994 in Paffendorf wieder erklingt.
Hierbei wird das Schwungrad der größten Glocke (Ton d) durch Hölzer festgestellt, um das Pendeln zu verhindern. Der Klöppel der Glocke wird nun durch ein Fußseil zur Glockenwand gespannt und durch Niedertreten mit dem Fuß betätigt. Die beiden anderen Glocken (Ton f und a) werden wie beim großen Beiern mit der Hand angeschlagen. Der Rhythmus ist so gestaltet, dass die Glocken, die per Hand angeschlagen werden, jeweils einmal kurz hintereinander erklingen und dann folgt die große Glocke, die zweimal kurz mit dem Fuß geläutet wird. Diese Sequenz wird dreimal wiederholt. Zum Ende eines Taktes wird die große Glocke nur einmal mit dem Fuß angeschlagen. Beim kleinen Beiern wird folgender Spruch angewandt: „Menge Fenger, menge Fenger, menge Fenger, menge Dum!“
Beim großen Beiern wird die größte Glocke elektrisch geläutet. Sobald die Glocke zu schwingen beginnt, muss der Klöppel solange von der Glockenwand weggestoßen werden, bis die Glocke ihren vollen Schwung erreicht hat. Das ist notwendig, da die Glocke sonst zu Beginn ungleichmäßig schlagen würde. Wenn die Glocke in vollem Schwung ist, wird der Klöppel losgelassen. Zwischen den Schlägen der großen Glocke werden die zwei anderen Glocken gleichzeitig dreimal im Takt von Hand geschlagen. Die geschieht durch Seile, die von den Klöppeln zur Fenstersäule gespannt werden, daß sie ca. Zwei-Finger-breit vom Glockenrand entfernt hängen. Um beim großen Beiern im Rhythmus zu bleiben, wird in Paffendorf folgender Spruch aufgesagt: „Der Här vam Huus, Pastuur kütt erus“. Die kleinste Glocke (ton cis) wird hin und wieder im Takt mit geschlagen.
Heute wird vor den jeweiligen Messen dreimal klein und im Anschluss daran groß gebeiert. Zurückdatieren können wir den Brauch des Beierns für Paffendorf selber nicht. Bekannt ist jedoch, dass im Rheinland, genauer gesagt in Aachen, das Beiern in ähnlicher Form bereits seit dem Jahre 1338 bekannt ist.
Das Beiern ist nur noch in wenigen Dörfern bekannt bzw. wird dort noch durchgeführt, weshalb man in Paffendorf wohl besonders stolz auf den Erhalt dieses alten Brauchtums ist.
Hier erkennt man, wie die kleineren Glocken
über Seile mit Hand angeschlagen werden
Hier wird das Wegstoßen (bremsen)
des Klöppels der großen Glocke gezeigt